Bericht zur Ersten Mannschaft

von Paul Krzesinski in Kooperation mit Ludger, Ralph, Jerome und Max

Unsere erste Doppelrunde in der Oberliga startete schon im Vorfeld unter keinem guten Stern. Unser neuer Spitzenspieler Sven konnte uns leider nicht begleiten, er zog einen (bereits lange im Vorfeld gebuchten) Urlaub unter Palmen vor. Derweil machten die Meisten von uns Ihre erste Erfahrung einer Doppelrunde in der Oberliga. Es zeigte sich, dass der Treffpunkt um 9.15 Uhr an einem Samstag kein üppiges aber ein angemessenes Zeitpolster bot. Daran konnte auch Ralph nichts ändern, obwohl er aus seinem "Partner Familiy Tepee" auf der Autobahn alles rausholte. In der Folge haben wir uns am Mittag nach dem Einchecken gegen einen Restaurantbesuch aber für den hiesigen China-Imbiss entschieden. Vermutlich wäre eine ausgewogene Sportlernahrung geeigneter gewesen.

Der Kampf entwickelte sich sehr vielversprechend. Peter baute die Berliner Mauer wieder auf und gewann seine Partie auf Zeit, auch wenn erst der Schiedsrichter das erkennen musste. Das unbekannte Uhrenmodell verunsicherte wohl unseren Youngster.

Kurz darauf wurde auch die Partie von Ludger entschieden. Wie kam es zur Punkteteilung Ludger?

Ludger: "In einem Sizilianer mit 2.f4 spielte mein Gegner passiv, so dass ich sehr gut aus der Eröffnung kam. Dann wählte ich aber eine Abwicklung, bei der ich meinte, durch die größere Figurenaktivität und gegnerischen Felderschwächen Vorteil zu erzielen. Leider erwies sich das aber als Trugschluss, denn ich konnte Damentausch nicht vermeiden und die Partie verflachte zum Remis."

Die übrigen Partien sahen indes nicht nach Remisen aus. Ingos Brett stand nach einem energischen Angriff in Flammen. Überall hingen Figuren, die aber nicht ohne Konsequenzen geschlagen werden konnten. Ingo entschied sich seinen Angriff zu forcieren konnte aber leider weniger erreichen als erhofft. Für die geopferten Figuren zahlte er mit einem ganzen Punkt.

Den ganzen Punkt holte Max mit Leichtigkeit wieder rein.

Max: "Die gesetzte Nr. 8 der Sangerhausener überspielte ich in der Eröffnung. Als er versuchte aktiv zu werden, öffnete ich das Zentrum und gewann in Folge taktischer Auseinandersetzung eine Qualität und Mehrbauern, welche ich dann verwertete."

Meine eigene Partie startete mit einem sehr langweiligen Halbslawen. Dem Tenor entsprechend tauschte ich weiter Figuren. Wegen meiner scheinbar passiven Figuren entschied ich mich mit f6 und g4 die gegerische Bauernstruktur e5, f4 aufzureißen. Die Öffnung der g-Linie erwies sich als fataler Fehler, der mich in seiner Folge die Partie kostete.

Wir mussten also auf die verbliebenen Partien hoffen. Da war das Glück zunächst auf Jeromes Seite:

Jerome: "Im Slawisch hatte ich zunächst eine gute Stellung erlangt, welche sich sukzesive in ein unklares Turmendspiel mit verschiedenen Majoritäten entwickelte. Mein Gegner hatte die besseren Aussichten übersah jedoch gegen Ende einen Durchbruch, welcher mir die besseren Chancen und später den Gewinn einbrachte."

Wir hatten nun 3,5 Punkte und zwei Partien liefen noch. Doch Jeromes Glück sollte sich nicht auf Ralph übertragen. Was ist passiert?

Ralph: "Mein Gegner spielte mit Schwarz Königsindisch. Ich wählte einen Aufbau mit frühem h3, g4, der seine Aktivität am Königsflügel eindämmen sollte. Das funktionierte ganz gut, meine Stellung wurde nach und nach besser und erreichte etwa +1.00. Dann war die Zeit schon knapp und ich stellt einen Bauern ein. Danach war es immer noch in der Remisbreite, aber ich habe dann nach der Zeitkontrolle irgendwann nachgelassen und vor allem eine Abwicklung übersehen, bei der ich Zugwiederholung erzwingen kann. Dann war es schnell zu Ende. Das war völlig unnötig und in etwas besserer Verfassung hätte man das gewinnen können."

Unser Schicksal lag also in Murats Händen. Der hatte allerdings ein Endspiel mit Minusbauer und ungleichfarbigen Läufern zu verteidigen. Unsere Einschätzung der Stellung war schon sehr skeptisch, das minderte aber die Enttäuschung am Ende nicht. Murat konnte den Einbruch nicht verhindern und verlor seine Partie.

Eine sehr bittere Niederlage, die uns den Klassenerhalt deutlich erschwert hat. Beim anschließenden gemeinsamen Abendessen herrschte entsprechend Untergangsstimmung. Die Vorzeichen für unser nächstes Spiel gegen Kassel standen somit nicht gut.

SAbt. FTV 1860 3½-4½ SV Sangerhausen

  1. Keller,Peter 1 : 0 Strache,Michael
  2. Brueggemann,Ludger ½ : ½ Heyder,Florian
  3. Rutkowski,Ingo 0 : 1 Guenther,Christian
  4. Neininger,Ralph,Prof. 0 : 1 Richter,Dustin
  5. Diyap,Murat 0 : 1 Engelmann,Jakob
  6. du Maire,Jerôme 1 : 0 Hellwig,Tobias
  7. Krzesinski,Paul 0 : 1 Hillmann,Michael
  8. Schmidt,Max 1 : 0 Duchrow,Oliver

Am nächsten Morgen waren wir zunächst nur zu sechst beim Frühstück. Murat und Peter schliefen bis zur letzten Minute und noch länger. Offenbar etwas übermüdet schleppten sich die Beiden mit ca. 5 Minütiger Verspätung ohne Frühstück direkt ans Brett.

Nach den ersten Zügen und auch noch zwei Stunden später waren alle Bretter relativ ausgeglichen. Doch die am Vorabend vereinbarte Absprache, wonach wir nicht aufeinander warten würden und gleich fahren sobald ein Auto voll ist, zeigte Wirkung. Pünktlich zur Zeitkontrolle fanden sich schnell vier Nuller. Peter, Jerome, Ingo und Max durften die vorzeitige Heimreise antreten.

Peter hatte einen Spanier auf dem Brett und kam zunächst mit seinem zentralisierten Springer auf d5 etwas in Vorteil. Sein Gegner erlangte im weiteren Verlauf dafür am Königsflügel eine entscheidende Initiative.

Bei Jerome lief bereits in der Eröffnung etwas schief:

Jerome: "Ich wollte einer möglichen Vorbereitung aus dem Weg gehen und mein Eröffnungsrepertoire praktisch erweitern. Dabei kam Maroczy heraus. Jedoch übersah ich mangels Erfahrung eine der Kernideen dieser Stellung. Ein Pseudospringeropfer auf d5, welches mich auf einem isolierten und blockierten d6 Bauern sitzen ließ. Da Ich fest davon überzeugt war, dass diese Stellung langfristig eh kaputt ist wollte ich noch etwas taktisch versuchen, was dann zu einem Minusturm führte."

Ingo verlor nach einer guten Eröffnungsphase irgendwie den Faden und in der Folge auch die Partie. Max hingegen schlug sich eigentlich selbst:

Max: "Mit Schwarz erzielte ich Ausgleich in der Eröffnung. Mein Gegner lavierte mit seinen Figuren und ich ging beim Tausch von Springerpaar in eine etwas ungünstige Stellung, deren Nachteile er nicht ausnutzen konnte. Einige Züge später war die Stellung wieder zu meinen Gunsten, jedoch hatten wir beide wenig Zeit auf der Uhr. Ich übersah einen glatten Qualitätsgewinn, gewann trotzdem einen Bauern und bildete mir am Damenflügel einen Freibauern. In Zeitnot bot er mir Remis an, ich schaute zu unserem Mannschaftsführer. Seinen Gesichtsausdruck interpretierte ich so: „spiel weiter, wir stehen auf Verlust“. Zu übermütig und in Zeitnot patzte ich 2 Züge später und gab auf. Das war meine erste Verlustpartie überhaupt für FTV, nach 22 zuvor ungeschlagenen Partien."

Wir können nur hoffen, dass sich dieser Serie eine noch längere anhängen wird. Eine kleine Serie ungenutzter Möglichkeiten hatte Ludger an diesem Wochenende:

Ludger: "Selten (vielleicht auch nie) habe ich mal für die ersten vier Züge 30 Minuten Bedenkzeit verbraucht. Hat sich aber gelohnt. Denn nach 1. d4 Sf6 2. Lf4 g6 3. Sc3 Lg7 4. Dd2 entschied ich mich für 4…d5 5. Lh6 Lxh6 6. Dh6 c5 und fuhr gut damit. Ich kam zur langen Rochade, und obwohl mein Gegner sich vorbereitet hatte, konnte er letzlich aus der Eröffnung keinen Vorteil herausholen. Später ließ er dann ziemlich leichtfertig einen Bauern stehen, um anschließend meinen Springer einzusperren. Allerdings musste sein König fernab von meinem entstehenden Freibauern das Springer-Gefängnis bewachen und konnte selbst nicht mehr ins Spiel eingreifen. Dadurch hatte ich eigentlich eine Gewinnstellung, konnte sie aber leider nach Abtausch von zu vielen Bauern nicht verwerten.

An diesem Tag war die Experimentierfreude offenbar groß. Angesichts der überlegenen Gegner wollten einige Spieler offenbar in die Trickkiste greifen um zumindest Vorbereitungen aus dem Weg zu gehen.

Ralph: "Ich spielte mit Schwarz erstmals angenommenes Damengambit (genauso wie Carlsen am gleichen abend dann (mit Zugumstellung) in der WM). Ich kam nicht so gut aus der Eröffnung heraus, aber konnte meine Stellung mit der Zeit konsolidieren und stand um den 25. Zug herum dann ganz gut und hätte mit 25...b5 in Vorteil kommen können. Danach hat er es dann ganz gut gespielt und ich konnte in beiderseitiger Zeitnot die Stellung nicht mehr ausgeglichen halten. Es war insgesamt lange eine enge Partie, aber der Gegner hat nicht unverdient gewonnen.

Das war schon eine ganz schöne Packung, die wir einstecken mussten. Der Mannschaftskampf war ja bereits längst verloren. Ich war dennoch hoch motiviert einen Ehrenpunkt für uns einzufahren. In meiner Partie wurde Najdorf gespielt. Bereits am Vorabend ließ ich mich ausgiebig darüber aus wie wenig ich diese Eröffnung mochte. Im Mittelspiel überlegt ich eine halbe Stunde an einem Zug, kam dann aber schnell in Vorteil, weil sich mein Gegner gezwungen sah einen Bauern zu geben. Daraufhin spielte ich etwas schneller um nicht in Zeitnot zu kommen, erlaubte aber eine Blockade auf den schwarzen Feldern vor meiner Zentralbauernmasse mit dem Freibauern an der Spitze. Nach langem Lavieren führte dann aber ein Turmopfer in die gegnerische Bauernkette zum vollen Punkt.

Murats Partie wurde nur noch um die goldenen Ananas gespielt, dafür aber ausgiebig. Er landete erneut in einem sehr uklaren Endspiel mit einem Turm gegen zwei Springer. Es dauerte zwanzig Züge bis sich daran etwas änderte und sein Gegner die Stellung in ein Damenendspiel mit einem Mehrbauern auf seinem Ausgangsfeld umwandelte. Ab da an wurde Murat von seinem Gegner wie ein Mürbeteig weichgeknetet. Das von den Tablebases errechnete Remis konnte Murat nach 7 (!) Stunden Spielzeit leider nicht herbeiführen.

Mit mageren 1,5 Punkten durften wir an diesem Tag die Rückreise antreten. Als wir losfuhren wünschten uns unsere Mannschaftskollegen noch eine gute Fahrt nachdem Sie bereits in Frankfurt angekommen sind.

Kasseler SK 6½-1½ SAbt. FTV 1860

  1. Rafiee,Makan 1 : 0 Keller,Peter
  2. Grafl,Florian ½ : ½ Brueggemann,Ludger
  3. Hahn,Markus 1 : 0 Rutkowski,Ingo
  4. Kersten,Uwe 1 : 0 Neininger,Ralph,Prof.
  5. Kearns,Christopher 1 : 0 Diyap,Murat
  6. Aslan,Benjamin 1 : 0 du Maire,Jerôme
  7. Hoepfner,Tim 0 : 1 Krzesinski,Paul
  8. Schnegelberger,Leon 1 : 0 Schmidt,Max

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