Kaufungen   1,5 - 2,5   FTV1860 I

Bericht von Paul Krzesinski

Man kann ja nicht immer Losglück haben und so bekamen wir auch mal wieder ein Auswärtsspiel bei Kassel. Das war wohl nicht jedem meiner Mannschaftskollegen bewusst, erhielt ich doch am gleichen Tag um 4 Uhr morgens noch eine Nachricht: "Wir spielen ja in Kaufungen, das sind zwei Stunden Fahrt -.- hätte ich das gewusst, hätte ich erst gar nicht zugesagt". Dabei haben es uns die Kaufunger nicht leicht gemacht und sind mit ihren vier besten Spielern angetreten. Vorneweg ein alter Bekannter, Uwe Hänisch, der des Öfteren bei unseren Blitz- und Schnellschachturnieren mitspielt.

Peter wollte mit Uwe scheinbar kurzen Prozess machen und versuchte durch einen Vorstoß schnell Raum im Zentrum zu gewinnen. Außerdem rammte er einen Bauern auf h6 in Uwes fianchettierten Königsflügel, so dass sein Läufer auf h8 ein gemütliches Plätzchen finden musste. Uwe tauschte einige Figuren und hat irgendwie seinen Kopf aus der Schlinge gezogen. Zumindest wusste Peter hinterher selbst nicht so genau was schief gelaufen ist. Eigentlich konnte nämlich nur er auf Gewinn spielen, aber gewonnen hat dann doch Uwe.

Murat wählte eine eher passive Interpretation des Franzosen. Er kam zwar irgendwann behäbig mit seinen Figuren raus, aber so richtig aktiv waren sie nicht. Nach dem Entschluss zur großen Rochade begann ein Wettrennen an beiden Flügeln. Murat konnte die gegnerische Grundreihe mit seiner Dame erobern und feuerte auf der g- und h-Linie scharf mit seinen Türmen. Die - bis auf die 3. und 4. Reihe - weit vorgerückten g- und h-Bauern wirkten dabei wie Kanonenkugeln, die auf den Verteidigungswall geschossen wurden. Im Gegenzug drang sein Gegner wiederum auf Murats 7. Reihe ein, opferte einen Turm und forcierte damit ein Dauerschach.

Michi spielte eine längere Theorievariante, in der er sich scheinbar besser auskannte als sein Gegner, denn wirklichen Druck ließ er Michi nicht spüren. Der bastelte hingegen selbst an einer Bauernmehrheit am Damenflügel, mit der er auftrumpfen wollte. Nachdem alle taktischen Klippen umschifft wurden tauschte Michi die Damen und wickelte in ein Bauernendspiel mit zwei Mehrbauern ab. Wir hatten schon die Befürchtung, die Partie könnte jetzt noch ewig dauern, da den Kaufungern in der Phase ein Remis an dem Brett gereicht hätte. Doch zu unserer Überraschung baute Michis Gegner ziemlich fix ein hübsches Selbstmatt. Man versuche das mal selbst mit lediglich T+L+B gegen T+L, ist gar nicht so einfach.

An meinem Brett hatte ich schon nach wenigen Zügen ein sehr gutes Gefühl. Wir sind im Jugoslawischen Angriff der Sizilianischen Drachenvariante gelandet. Und nachdem ich mir ausgerechnet hatte, dass mein Gegner kein Großmeister war, hatte ich die starke Vermutung das könnte ein Spiel auf ein Tor werden. Auch wenn mein Gegner schnell viel abtauschen konnte, die Damen ließ ich noch auf dem Brett. Es wurde dann so langsam schwierig für ihn die Bauernwalze e4, f4, g4, h4 aufzuhalten und das Eindringen meiner Dame zu verhindern. Als die Walze dann dezimiert f5, g5, h5 erreichte, war den Kibitzen schnell klar, dass hier gleich die Abrissbirne kommt. Tatsächlich reichte er zwei Züge später die Hand.

Der knappe Sieg wurde mit einem lokalen Döner gefeiert.

 

FTV1860 II   2,5 - 1,5   VSG Offenbach

Bericht von Peter Ortinau

Erstmals sind wir mit einer zweiten Mannschaft im Hessenpokal vertreten. Und in der ersten Runde wurden wir direkt von der ersten Mannschaft Offenbachs beehrt, die die Sache auch durchaus ernst zu nehmen schien. Denn ihre Top 3 waren am Start und selbst ihr viertes Brett hatte eine höhere DWZ, als unser Top-Mann Grover. Somit hatten wir an allen Brettern 200 Punkte weniger aufzubieten.
Nach einiger Verwirrung, wer jetzt wo Weiß und Schwarz hat (ich lag mal wieder daneben) konnten die Partien nahezu pünktlich gestartet werden. Leo am zweiten Brett hatte von Beginn an einen schweren Stand und irgendwann war ein erster Bauer weg, ohne dass ich irgendeine Kompensation dafür sah. Beim Versuch den Bauern zurückzuholen übersah Leo den Einschlag eines feindlichen Läufers in die Königsstellung, was einen weiteren Bauern kostete. Da eine Königsstellung jetzt praktisch nicht mehr vorhanden war, konnte der Gegner auch noch Mattdrohungen aufstellen, was des Guten zuviel war: 0-1.
Ich selbst hatte mich mit Schwarz recht passiv aufgebaut, aber die Stellung machte dennoch einen stabilen Eindruck. Neben Raumvorteil verfügte mein Gegner zudem über das Läuferpaar, das in der geschlossenen Stellung aber noch keine Wirkung erzielen konnte. Nachdem es mir gelang über die einzig offene Linie sämtliche Schwerfiguren zurück in die Holzkiste zu schicken, bot mein Gegner Remis an. Die Stellung sah auch totremis aus, aber mit 50 Minuten auf der Uhr schaute ich zunächst bei Grover und Uli vorbei.
Uli war in einem materiell ausgeglichenen Endspiel gelandet, hatte aber die leicht bessere Bauernstellung und vor allem wesentlich aktivere Figuren als der Gegner. Unter anderem war dessen Turm an die Vereidigung des a-Bauern gebunden. Als er diese Deckung schließlich aufgab, ließ sich Uli nicht lange bitten und erreichte so einen gedeckten Freibauern. Diesen musste er aber nicht einmal ins Rennen schicken, da die feindlichen Figuren weiter unkoordiniert waren und sich schließlich nach genauem Spiel Ulis ein Figurenverlust nicht mehr vermeiden ließ: 1:1.
Bei Grover brauchte ich lange, um die Stellung überhaupt zu verstehen. Er hatte für Aktivität einen Bauern geopfert. Und dann noch einen. Und dann den dritten. Das sah zwar etwas viel aus (und ich bin sicher jeder Computer wird Schwarz eine gewonnene Stellung bescheinigen), aber einfach zu spielen war das für den Gegner nicht. Der König kam zunächst nicht aus der Mitte raus und als er sich schließlich doch noch auf den Weg in die Ecke machte, war ein Springer in der Brettmitte aufgrund einer Fesselung praktisch verloren. Grover eroberte zwei Springer für einen Turm und spielte fortan mit D+T+L+L gegen D+T+T+2Mehrbauern.
Die Stellung erschien mir aus praktischer Sicht besser für Grover: Seine Figuren standen aktiver und der feindliche König fand keinen sicheren Hafen. Und das Wichtigste: Die Zeit des Gegners war schon ziemlich runtergelaufen. Andererseits war einer der feindlichen Mehrbauern bereits bis a2 marschiert und der Gegner hatte sich schon einmal eine zweite Dame besorgt.
Da ich in meiner Partie (die lief ja auch noch) keinen Weg sah, die Stellung zu öffnen ohne das gegnerische Läuferpaar zur Entfaltung kommen zu lassen, nahm ich mit 5 Minuten Restzeit das Remis an: 1,5:1,5.
Grovers Partie sorgte nun für einen echten Krimi. Der Gegner konnte die Stellung einigermaßen konsolidieren und Grover öffnete die Stellung vor dem eigenen König, um die gegnerische Defensive doch noch zu zerstören. Im 40. Zug ließ Grover meiner Meinung nach durch einen Nullzug den Sieg zunächst aus, doch auch der Gegner griff danach fehl und vergab ein wichtiges Tempo. Als Folge konnte Grover doch noch ein tödliches Mattnetz aufspannen und entschied damit Partie und den Mannschaftskampf: 2,5:1,5. Die Partie sollte noch lange danach kontrovers diskutiert und mit vier Händen im Brett analysiert werden...

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