Spielabend 06. Juli

von Hendrik Raab

Am gestrigen Montag fand unser Spielabend zum dritten Mal nach der Corona-Wiedereröffnung unter freiem Himmel statt. Den zweiwöchigen Rhythmus – im Wechsel mit online-Turnieren bei lichess – wollen wir zunächst einmal weiter beibehalten.

Nachdem zuletzt zwei Trainingseinheiten zu „Reservetempi“ bzw. „starker Läufer – schwacher Läufer“ auf dem Programm standen, war für gestern eine gemeinsame Partienanalyse geplant. Wir wählten aus dem Buch „Legendäre Schachpartien. Geniale Spielzüge und spektakuläre Fehler aus 400 Jahren Schachgeschichte“ die Partie Hermann – Hussong aus, die 1930 in Frankfurt am Main gespielt wurde. Dies sollte sich als eine gute Wahl erweisen. Im Buch steht sie unter dem Titel „Haben oder Sein?“ Während Weiß materialistisch auf dem Damenflügel zu Werke geht, inszeniert Schwarz einen schönen Angriff auf dem Königsflügel. In der gemeinsamem Analyse fanden wir verschiedene interessante Fortsetzungen für Schwarz, die immer unter dem Menetekel standen, bei nicht ausreichender Durchschlagskraft aufgrund materiellen Nachteils in den Verlust zu führen. Eine heiße Debatte entbrannte zu Ende darüber, welches das schnellste – und welches das schönste Matt sei. Im Buch hieß es natürlich, dass Hussong den elegantesten Weg fand.

An obiger Analyse beteiligten sich auch zwei unserer jungen Meisterspieler: Bennet Hagner (Deutscher Meister U10 2018) und Lucas Foerster-Yialamas (Deutscher Meister U12 2019). Beide hatten anschließend spontan Lust, selbst auch etwas vorzuführen. Bennet baute eine Studie auf, die er in der vergangenen Woche selbst entwickelt hatte und die er als harte Nuss bezeichnete, eine durchaus zutreffende Beschreibung. Lucas stellte danach eine selbst gespielte Blitzpartie vor, die neben positionellen Erwägungen einige interessante taktische Drohungen und Abspiele beinhaltete. Wir älteren hatten teilweise durchaus Mühe, mit den schnellen Berechnungen von Bennet und Lucas Schritt zu halten – und wurden durchaus auch für „unsinnige“ (Zitat) Vorschläge gescholten, aber auf eine freundliche und humorvolle Art. :)

Beide haben sich sichtlich Mühe gegeben, die Zuhörerschaft aktiv mit einzubeziehen, jeweils mit ihrer persönlichen Note. Amüsant und launisch ging es in den Variantenberechnungen und gemeinsamen Erörterungen zu, es war auch schön zu beobachten, wie Bennet und Lucas sich, durchaus selbstbewusst, in der Lehrerrolle immer besser zurechtfanden. „Langweilig zu sein ist die ärgste Sünde des Unterrichts“, so der große Pädagoge Johann Friedrich Herbart. Dieser Gefahr unterlag am Montagabend keiner drei Referenten.

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