Hessenliga

SK Gießen - FTV 1860 4:4

von Ludger Brüggemann & Thomas Casagrande

Frohen Mutes ging es in der 5. Runde nach Gießen. Ein Sieg hätte uns wieder an die Tabellenspitze der Hessenliga zurückführen können und Gießen wäre als Tabellenletzter eigentlich dafür der ideale Gegner gewesen. Aber als echte Frankfurter haben wir natürlich noch immer auch die gleiche Krankheit, die die geliebte Eintracht vielleicht erst so langsam überwindet. Aber dazu gleich mehr.

Wir mussten gegen Gießen sowohl auf Bennet als auch auf Murat verzichten und so kamen Thomas und Peer an den Brettern 7 und 8 zum Einsatz. Viel hatten wir uns vorgenommen, mussten aber schnell einsehen, dass es durchaus knapp werden würde. Thomas kämpfte gerade am Anfang der Partie mit Konzentrationsproblemen und verwechselte mit Weiß die Zugfolge in der Sweschnikow-Eröffnung. Der dabei entstehende kleine Nachteil wuchs sich aus und Thomas stand nach weiteren schwachen Zügen einfach schlecht: König in der Mitte, Figuren nicht entwickelt und der Gegner voll im Angriff. Während Thomas verzweifelt versuchte den Laden zusammenzuhalten, kam schon die nächste Hiobsbotschaft. Gerardo übersah an vier mit schwarz in schon gedrückter Stellung eine taktische Finesse und büßte kompensationslos eine Figur ein. 1-0 für Gießen. Zum Glück sah es für uns an den anderen Brettern recht gut aus. Victor an 6 hatte mit Schwarz eine recht aussichtsreiche Stellung, verdarb sie aber durch das Übersehen einer Springergabel und verlor die Qualität. Zum Glück stand er so gut, dass der Gegner trotz seines Materialvorteils Remis anbot, was Victor auch annahm. 0,5-1,5.

Sven mit Weiß spielte wie gewohnt seinen Gegner gekonnt an die Wand. Irgendwann landete sein Springer fett auf e6 in der Mitte des schwarzen Lagers, geschützt von zwei Bauern und auf der c-Linie herrschte der weiße Turm. Als die schwarze Dame keine Felder mehr hatte, gab der Gießener Gegner auf. 1,5-1,5.

Und da war auch noch der alte Kämpfer Grover. Es gelang Grover mit Weiß einem schwarzen Springer, der sich ins Zentrum des weißen Lagers vorgewagt hatte alle Fluchtfelder zu nehmen. Schwarz musste zur Befreiung einen Bauern opfern. Das entstehende Turmendspiel führte Grover souverän mit dem Mehrbauern zum Sieg. 2,5-1,5.

Lucas an Brett 1 kämpfte mit Weiß im Franzosen gegen einen starken Derichs von Gießen. Es war eine zweischneidige Stellung und lange Zeit recht unklar, wenn da nicht der verlockende Bauer e6 im schwarzen Lager gehangen hätte. Irgendwann konnte Lucas nicht mehr widerstehen und griff zu. Das kostete ihn durch eine Fesselung recht bald eine Figur. Lucas kämpfe tapfer weiter, aber letztendlich musste er die Segel streichen. 2,5-2,5. Inzwischen hatte sich bei Thomas das Blatt gewendet. Seine zähe Verteidigung in schlechter Stellung wurde belohnt. Der Gegner hatte nicht die richtigen Züge gefunden und als die Stellung Richtung Remis wies, fand er nur noch die ganz schwachen Züge und blieb mit einem toten schwarzfeldrigen Läufer, hilflos gegen den Angriff auf den weißen Feldern. 3,5-3,5.

Ludger kämpfte mit Schwarz einen harten Kampf an Brett zwei. Auch in der Analyse nach der Partie waren sich beide Spieler nicht sicher, wer eigentlich besser stand. Wie so oft weiß unser Freund Fritz die Antwort: lange Zeit pendelt die Bewertung bei „ungefähr ausgeglichen“ mit kleineren beidseitigen Ungenauigkeiten. Doch in der Zeitnotphase übersahen beide Spieler ein mögliches Opfer der schwarzen Dame gegen Turm und Läufer, wonach ein schwarzer Freibauer auf d2 den Übergang in ein für Ludger sehr vorteilhaftes Endspiel erzwungen hätte. An manchen Tagen sieht man so eine Kombination sofort, am Sonntag hing leider ein großes Brett vor der Birne. Die weiteren Verwicklungen in Zeitnot führten dann leider zu einem Punkt für Gießen. Damit stand es 3,5:3,5.

Zum Glück bestand keine Gefahr mehr, den Mannschaftskampf noch zu verlieren, denn Peer spielte eine souveräne Partie, in der er ständig die Initiative hatte. Die reichte aber leider nicht zum Sieg, auch wenn Peer noch lange kämpfte. Zwischendurch drang zwar die Kunde in den Analyseraum, dass die Stellung doch zu gewinnen sei, aber letztlich konnte sich in einem gleichfarbigen Läuferendspiel der Gießener Läufer gegen den letzten verbliebenen Frankfurter Bauern opfern.

Endstand 4-4. Es ist halt wie es lange bei der Eintracht war: wenn der Erfolg zum Greifen und die Tabellenspitze nahe ist, finden wir Diven vom FTV 1860 schon einen Weg gegen den Tabellenletzten nicht zu punkten. Aber noch haben wir Chancen und die wollen wir nutzen. Mal sehen was die nächsten Runden bringen.

Landesklasse

FTV II vs Bad Nauheim II 3:5

Von Robert Fedler

Meme%20Schach

Die berechtigte Frage lautet beim Betrachten des Memes of the Game, ob Janis eingesetzt wurde. Die Antwort lautet nein. Waren die Spielbedingungen ideal? Ebenfalls nicht.

Neben einer Kegelbahn und einem knarzenden Hallenboden war es vor allem die bittere Kälte, die uns zwang, etwas bibbernd zu spielen. Wäre die Frage, ob wir jetzt unsere 12 Ersatzspieler vollhaben, dann wiederum gäbe es ein Ja. Danke an dieser Stelle an die Stammersatzspieler, die jeden Spieltag alles geben, um unter den strengen Blicken des Mannschaftsführers abzuliefern. Genauso gebührt dieser Dank natürlich auch jenen Alltagshelden, die bei Anruf bereits sind, die Herausforderung anzunehmen und Landesklasse zu spielen, wenn sie es sonst nicht tun.

Doch nun der Reihe nach: An Brett 1 konnte Maria ihre starke Form bestätigen und gegen einen nominell deutlich stärkeren Gegner ein Remis erreichen. Maria, deine Entwicklung kann man kaum oft genug loben. Das muss mit uns jungen Menschen ein Ding sein mit DWZ-Gewinn nach Vereinsbeitritt.

Brett 2 löste zwischendurch einen internationalen Zwischenfall aus. Dominiks Gegner berührte in remislichem Endspiel einen Springer. Jeder Zug mit diesem hätte die Partie einzügig eingestellt. Also besann er sich auf ein spätes „j’adoube“. Dominiks zaghafter Reklamation folgte eine lange Diskussion mit beiden Mannschaftsführern und Schiedsrichtern. Sein Gegner weigerte sich dann, die Partie fortzusetzen und so stand Dominks Punkt zulasten seiner Manneskraft und des Stolzes, wie er betonte, zu Buche.

Brett 3 enthielt Ralphs offensten Sizilianer seit der normannischen Eroberung der Insel im 11. Jahrhundert. Trotz langer Zeit einer Qualität mehr, dafür aber gegen das Läuferpaar, musste er am Ende die Waffen strecken. Die Rochaden auf verschiedene Seiten brachten uns Kiebitzen aber ein hochspannendes Erlebnis.

Dahinter fand sich Maximilian Walk. Glückwunsch, lieber Max. Mit deiner ersten Partie mit Kater bist du endlich ein richtiger Mann! 😉 Leider stand er schnell platt und eine Engine hätte sicher ein Matt ausspucken können, genau wie jeder halbwegs starke Gegner. Nachdem Robert als Mannschaftsführer aber eine Motivationsrede gehalten, sein Wasser geteilt und der Gegner etwas gepatzt hatte, entkam Max und konnte in der Folge Druck aufbauen. Ungleichfarbige Läufer stoppten seinen Aufwärtstrend und führten zur Punkteteilung.

An Brett 5 fand sich Robert wieder. Nach vier Zügen hatte er bereits 40 Minuten mehr als sein Gegner auf der Uhr. Wie Maria ihm später verriet, war sein Italiener wohl schärfer als gedacht. Als der Gegner in Zug 20 noch drei Minunten hatte und wie die ganze Partie über etwas passiver stand, bot er Remis. Dieses lehnte Robert ab. Drei Züge später lebte der Gegner mit einer Minute auf der Uhr nur noch von seinem Inkrement. Leider wählte Robert hier die falschen Fortsetzung und war etwas feige. Das Endspiel überdehnte er dann maßlos, um der Mannschaft den dringend nötigen Punkt zu holen und verlor dann. Danke dir dennoch, Gunther. Es war ein tolles Erlebnis und menschlich warst du bisher der angenehmste Kontrahent, den ich seit langem hatte!

Neben ihm fand sich Dirk. Dieser war im mit seinen Gegner auf Kurzurlaub in Spanien. Die Hauptroute für Touristen mied Frank Bepperling aber und wich bereits früh in der Theorie ab, sodass dann Dirk dessen Läufer vertreiben und zu seinen Bedingungen tauschen konnte. Der Punkt ging dennoch irgendwann flöten.

Brett 6 war mit Florian besetzt. Dieser spielt auch tolles Schach und ist einer der spielstärkeren Neuzugänge. So konnte er stark eröffnen und sogar einen Schlüsselzug berechnen, durch den es gut losging. Später kam es zu einem kleinen Rechenfehler und ein etwas naiver Damenzug wurde bestraft. Wären ein Damen- und ein Springerzug in umgekehrter Reihenfolge gespielt worden, hätte Florian wohl gewonnen. Hier hat er nach eigener Aussage etwas schnell gespielt und den Gegner unterschätzt. Am Ende war es eine verdiente Niederlage, aber er bekommt mit jedem Spiel mehr Erfahrung und ist schon jetzt eine super Verstärkung für uns!

An Brett acht spielte Oli noch, nachdem überall sonst die Messe gelesen war. Nach einer taktischen Ungenauigkeit war dem Gegner früh ein Zwischenschach mit Materialgewinn möglich. Aber unser Kämpfer übernahm die Kontrolle wieder und saß im Endspiel dann am Steuer, wie er es schon vor und nach dem Mannschaftskampf für uns tat. So war auch vor dem taktischen Gewinn die Partie auf dem Weg in den heimischen Punktehafen.

Mit 3:5 lassen wir dennoch die Punkte in Bad Nauheim. Weiter geht es im neuen Jahr!

Kreisklasse

SC Bad Nauheim V - FTV 1860 V 2:2

von Jan Michelberger

Vom Schach und Menschen

Kaum ein Spiel (oder: Kraft von Caissa persönlich inspirierter Fiktion des § 5 Absatz 2 Nr. 21 Abgabenordnung ein Sport) hat so viel Idealismus in sich wie Schach. Was nicht einmal Platon in seinem Leben zu erfassen vermochte, konnte die Maschine zumindest für ihren Bereich schaffen. Sie zerrt das „perfekte“ Spiel aus dem Himmelreich der Ideen auf die Erde und erinnert uns einmal mehr an unsere eigene Fehlbarkeit. Nichts macht das deutlicher als die Messrate der „Genauigkeit“ für Spiele, die im Wesentlichen die Züge des Computers ins Verhältnis zu denen der Spieler setzt und eine Entsprechensrate zur Maschine ermittelt.

Die Empirie scheint dies auch zu bestätigen. In Kreisen, in denen ich verkehre (der Leser möge seiner Fantasie hier gerne freien Lauf lassen), kommt das bei uns noch seltene Remis für viele „Betroffene“ fast schon wie ein Ritterschlag daher. Schach auf höchstem Level und die extrem hohe Remisrate im Fernschach bieten wohl die Basis für diese Schlussfolgerung.

Doch ist das wirklich der Weisheit letzter Schluss? Capablanca sah schon vor dem Zeitalter von Stockfish, Lc0 und Freunden in einem solchen Zustand den „Remistod“ des Schachs. Ist es dann wirklich auch für uns so? Sind manche Dinge einfach nur zu schön für uns oder müssten unsere Schach-Platoniker ihre gefundene Antwort möglicherweise überdenken?

Wenn ich auf unsere Spielwoche als Mannschaftsführer am 04.12.22 zurückschaue, stand unser Mannschaftsspiel unter dem Stern dieser Frage – in Spiel wie Resultat. Manch einer mag unser Endresultat als unbefriedigend sehen; unsere Siege für nichts Anderes als Zeugen für Savielly Tartakowers Sentenz erachten, der Gewinner eines Schachspiels sei der Spieler, der den vorletzten Fehler mache. Vollkommen abzustreiten ist das nicht. Irgendwo ist es allerdings auch sinnbildhaft für das, was Schach zwischen Menschen ausmacht. Vielleicht könnte das auch bei der Eröffnungsfrage die Dinge in Perspektive setzen.

So viel zu pseudo-philosophischen Einleitungen. Es wird wieder Zeit, in weltliche Sphären zurückzukehren! Nichts scheint mir besser dazu geeignet, als das fast schon liebgewonnene Chaos unserer Wegeorganisation zu illustrieren. Während Verena bereits früh eine wunderbare Verbindung zur nächstgelegenen Busstation in unserer Gruppe beigesteuert hatte, warf die Frage nach einem Auto neue Unsicherheiten auf. Mit der üblichen Reaktionszeit auf Gruppennachrichten kamen wir binnen Tagen zum Ergebnis, dass keines vorhanden sei. Dankbarerweise kam uns Dirk mit seinem fahrbaren Untersatz als unverhoffter Segen entgegen.

Erneut schlug der Gruppen-Lag zu... Vornehmlich bei mir.

Wie auch schon beim letzten Mal nahmen mich Recht und eine private Geschichte so sehr ein, dass sich der Weg zum Veranstaltungsort wieder beiläufig finden lassen musste. Dankbarerweise war Roman insoweit ähnlich gestrickt, daher im Chaos der Kurzfristigkeit ein dankbaren wie unterhaltsamer Begleiter. Am Tag des Turniers vereinbarten wir noch, sich am Hauptbahnhof zu treffen und sich ein hastiges Frühstück bei den goldenen Bögen (eine liebgewonnene Turniertradition von Roman) dort zu gönnen. Dem Geist der Prä-Schachturnierphase auch außerhalb der Vereinswettkämpfe entsprechend kam eine Stunde zuvor auch schon der erste Curveball. Roman fand kurzerhand noch einen Platz in Dirks Auto.

Die Welt revanchierte sich im nahezu selben Atemzug. Scheinbar war noch ein Platz verfügbar, weshalb ich mein Glück ebenfalls mit einer kurzen Anfrage versuchte. Darauf allein zu bauen, schien mir indes fahrlässig, da ich mit den Antwortzyklen meines Kollegen nicht vertraut war. Was wäre ein Schachturnier ohne chaotische An- und/oder Abreise? Also packte ich hastig meine Sachen, zog meinen Zylinder auf und rannte Richtung Straßenbahn – Ziel Westbahnhof. Hier würden sowohl meine Bahn als auch das Auto fahren, weshalb sich mein persönliches Risiko beim zweispurigen Fahren der Orga in Grenzen hielt.

Während ich einer Antwort harrte und meine Route noch einmal durchging, leistete mir Lin (chess.com – Bot: Stärke 2000) Gesellschaft. Da ich in meinem ersten, großen Auftritt mit meinem Grand Prix-Angriff grandios baden gegangen bin, hielt ich es für eine gute Idee, mich wieder und wieder von ihr vorführen zu lassen und so die Pläne der Eröffnung besser zu verstehen. Sie spielt eigentlich nur ...c5 auf 1. e4, daher sind die eigenen Nerven der einzige (und größte) Gegner für Lernfortschritt. Ehe ich mich versah, fand ich mich in Frankfurt West und inzwischen 12 Theoriezügen Grand Prix-Angriff wieder. Ich rieb mir die Hände, um sie für ein paar süße Sekunden ohne beißende Kälte spüren zu können. Zeitgleich meldete sich auch schon mein Zug am Horizont mit der verführerischen Einladung, mein auf dem Weg ausgebrütetes konfrontatives f-Bauernopfer in durchschnittlich einladendem Ambiente, träumerischen Blicken in die Peripherie und wohltuender Wärme in seinen Wirkungen zu sehen.

Das helle Läuten einer Glocke riss mich aus meiner kleinen Welt.

Dirks Bestätigung. In zwanzig Minuten Abfahrt bei Bockenheim, also sogar noch mit Zeit für ein Frühstück bei einem Bäcker in der Nähe.

Ich lächelte stumm, zog f5 und warf meinem alten Weg einen fast schon reuigen Blick zu, als müsste ich mich bei einem hilfsbereiten Fremden entschuldigen. Heute nicht, aber vielleicht wann anders... Und hoffentlich mit vollerem Magen.

Mein kleiner Umweg zum Bäcker brachte mir ein wenig Eile ein, was Lin für einen brutalen Gegenangriff nutzte. Nach einem letzten Aufbäumen fand ich mich in der Defensive und zuletzt in einem verlorenen Endspiel wieder. Zumindest konnte mir Stockfish-sama versichern, dass es in seinen Augen nicht an meinem Opfer, sondern an einem übersehenen Zug gelegen hat. Ein schlechtes Omen für mein kommendes Spiel?

Nicht doch. Computer sind keine Menschen, nicht wahr?

Während mich Lin also der Kälte der Niederlage gepaart mit dem winterlichen Klimas Bockenheims überließ, nahm die warme Gesellschaft von Roman, Verena, Magnus und Dirk dankend ihren Platz. Ganz dem Geiste des Tages entsprechend verloren wir uns im Anblick der Autobahn, der vorbeiziehenden Landschaft und allerhand Schach-Talk. Von Bauernstrukturen über Taktik bis hin zur Psychologie des Spiels sowie dem Buch mit Sieben Siegeln namens „DWZ“ haben wir einen wahrhaftigen Rundumschlag hingelegt.

Zwei Dinge blieben mir besonders präsent: Leider hatte Roman ein kleines Accessoire nicht dabei. Wir hatten eigentlich eine kleine Überraschung für den Look der Fünften geplant, da ein Typ im Kleidungsstil des frühen letzten Jahrhunderts für bleibende psychologische Statements nicht reicht. Der Kampf beginnt beim Menschen schließlich auch schon vor dem Spiel. ;)

In diesem Falle ist sie aber (hoffentlich) nur vertagt! Da ich selbst noch jemand Anderem mit demselben Wunsch eine Freude machen wollte, ließ ich mich davon in Bezug auf meinen Part jedoch nicht abbringen. Um was es sich genau handelt, wird sich im Verlauf noch zeigen.

Vorerst ist ein anderer Punkt interessanter, nämlich Verenas Beflissenheit mit den Turnierregeln. Bei jeder Unterhaltung mit ihr lernen wir gefühlt einen neuen Grenzfall als Mannschaftsführer, Schiedsrichter oder Spieler kennen; zugleich noch zahlreiche Auslegungsspielräume, von denen sie großzügig Gebrauch zu machen weiß. Auch wenn Fortuna (oder, nach Hendrik, mein frisch erworbener Ass. jur.) mich diese Woche wieder mit dem Amt des Mannschaftsführers belächelte und Verena daher „nur“ Vize war, fühlte ich mich in unserer Konstellation irgendwie an Kaiser Wilhelm I unter Otto von Bismarck erinnert. Ich hatte eigentlich immer gehofft, solche Konstellationen mit mir als „Otto-Part“ erleben zu dürfen. Irgendwie hatte die Rolle einer Kraft im Verborgenen ohne die Last von vordergründlicher Arbeit und ihren Erwartungen, von denen ich häufig wenig verstand, für mich immer einen besonderen Charme. Im konkreten Fall war ich um diese unerwartete Erfahrung jedoch mehr als dankbar, da sie mir in Wissen wie Erfahrung mit dem Amt bei Weitem voraus ist und ich so sehr viel lernen kann.

Die Fahrt zog an mir vorbei wie das idyllische, aber wenig einprägsame Stadtbild unseres Austragungsortes. Präsent sind mir dank Roman zwei verschiedene McDonalds, dank meiner Ausbildung der Standort der Bundesärztekammer und die Tatsache, dass eine Mehrzweckhalle mit einem Fußball als Logo seitens der Stadt angepriesen wird. Wer kann es ihnen verübeln? Das Benzin in unser aller Blut kann natürlich nur ein Herz durch den Körper leiten, das seine Schläge dem rhythmischen Trampeln von Sportschuhen und dem Knall eines schwarz-weißen Lederballes angleicht. Auf der anderen Seite ist es zugegebenermaßen schwer, ein anderes, allgemein verständliches Bild für „Sport“ außer eines Repräsentanten der Gattung zu nehmen.

Leider erhielten wir diese Hilfestellung erst nach einer Ehrenrunde um den Ort für eine Wendung, aber erfreuten uns dafür an einer bezaubernden Allee mit einem lieblich dahinplätschernden Fluss zu unserer Linken. Einen kurzen Trip durch Downtown Bad Nauheim später und wir fanden uns an einer Halle wieder, wie sie so vermutlich schon tausende Male im gesamten Bundesgebiet steht. Das Besondere an ihr? Ein ungefähres Dutzend Autos und einige vertraute Gesichter der höheren Mannschaften.

Wir waren angekommen.

Unter liebevollen Umarmungen und Grußworten, blieb mir besonders die unserer treusten Begleiterin durch das Turnier in Erinnerung: Die der Kälte. Bedauerlicherweise war die gesamte Halle nicht beheizt; Wärmequellen in Form von Kaffee oder Tee stammten aus unergründlichen Quellen. Im Volksmund erzählten einige Abenteurer von einem Lokal des Vereins im selben Gebäude. Ein Zugang – zumindest in der Halle – schien indes nicht vorhanden zu sein. Der Leumund unserer Erzähler allein hätte mich ihre Überlieferungen als Geschwätz abtun lassen, doch bürgten dampfende Tassen gefüllt mit verführerisch warmen Erfrischungen für die Wahrheit ihrer Aussagen.

Nähere Nachforschungen hatten jedoch auszubleiben, denn die Pflicht meines Amtes rief.

...Nachdem also Verena mir die erforderlichen Daten gegeben hatte und ich die Liste im Beisein von ihr mit dem anderen Mannschaftsführer abglich, Ein schneller Blick durch die Reihen. Dankbarerweise saßen alle richtig.

Meine Augen verweilten ein wenig an meinem zugedachten Platz. Mich überkam eine unerklärliche, leicht vertrauliche Wärme im Herzen. Es war nicht nur der Anblick von Holz, Beton und Allzweck-Markierungen, die jeder Schulturnhalle ebenfalls zu Eigen war... Es war das Gesicht meines Gegners. Ähnlich wie bei meinem ersten Einsatz ein bekanntes, nur konnte ich es beim besten Willen nicht verorten. Wo hatte ich ihn nur gesehen? Eine alte Bekanntschaft aus meiner Gymnasialzeit oder doch bloß ein Allerweltsbild? Auch wenn die Auflösung dieses Rätsels einen Teil von mir interessierte, war dieser nicht stark genug für eine Frage. Viel zu erzählen hatten wir uns eigentlich auch nicht, denn die Figuren bekamen das besser hin.

Also ließen wir sie das Reden übernehmen.

Wie in jeder Interaktion mit Menschen sine auch im Schach die Zwischentöne von enormer Wichtigkeit. Die Wahrnehmung der Person bestimmt maßgeblich das Verständnis zwischen den Parteien. In diesem Geiste musste ich natürlich auch hier schon vor dem ersten Zug eine Botschaft schicken. Und wenn das nicht genug ist, konnte ich noch immer Liebe und Freundschaft als Bürgen für meine Pläne reklamieren.

Ich legte meinen Glücksbringer – einen weißen, vom Strand geglätteten Stein – auf den Tisch, platzierte meine Tasche und zog mit unnötig gefasster Miene meine Katzenöhrchen auf meinen Zylinder.

Ganz recht. Für jeden denkbaren psychologischen Vorteil würde Neko-Senpai heute den FTV vertreten.

Erneut entsagte ich meinem heimlichen Fetischzug 1. f4 und begab mich stattdessen wieder auf die Pfade von Bobby Fischer mit 1. e4 – stilecht mit Kraft und Knall auf die Uhr gezogen.

  1. ...d5.

Während der selbstbewusste amerikanische Großmeister sein Gegenüber in einem klassischen Turnier auslachte, als ihm die Skandinavische Verteidigung unterkam, konnte und wollte ich mir solcherlei bei meinem Level nicht erlauben. Unsicherheit lässt sich auch anders erreichen.

Nach 2. exd5 Dxd5 3. Sc3 Da5 packte mich die Abenteuerlust. Zwar habe ich den Zug bisher nur in einer Handvoll Partien gespielt, aber bin bisher damit sehr gut gefahren. Das nahezu selbstverständlich geführte Bauernopfer 4. b4!? war daher nur ein halber Bluff.

Viel zu erklären gibt es beim Leonhardt-Gambit eigentlich nicht. Selten gespielt, daher anfällig für Spielfehler des Gegners; freie b-Linie für den Turm und viel Potential für Taktiken dank schneller Entwicklung. Und natürlich, wie eigentlich mein gesamtes Eröffnungsrepertoire, vom Computer mit mindestens „Ungenauigkeit“ geadelt. -0,1 ist aber dann doch ganz gut für einen vermeintlichen Schwindel.

Und Stockfish war dankenswerterweise heute nicht mein Gegner.

Mein Bravado zeigte vermutlich oder hoffentlich seinen Effekt, da mein Gegner den angebotenen Bauern mit ...De5+ dankend ablehnte und mir durch die fehlplatzierte Dame reichlich Möglichkeiten zu schneller Entwicklung schenkte. Die arme Herrscherin scheuchte ich in diesem Geiste quer durchs Feld, wodurch ich einiges an Raumvorteil auf dem Damenflügel und zwei wunderbar platzierte Springer auf c3 und e2 zum Preis von einem Läufertausch erlangen konnte. Mein Gegner igelte sich indessen ein und versuchte die Stellung geschlossen zu halten, während er seinen erheblichen Entwicklungsnachteil durch Fianchettieren seines Königsläufers mit dem Ziel einer baldigen Rochade auszugleichen suchte. ...Im Zuge dessen entging ihm mein zeitweise etwas laxes Spiel mit meinem b-Bauern.

Die Ungeduld stach mir immer stärker ins Gemüt. Ich spürte, dass ich die wesentlich bessere Stellung behaupten konnte... Nur konnte ich es schlicht nicht konvertieren. Meine Züge waren im Wesentlichen darum bemüht, den König durch Drohungen in der Mitte zu halten und zugleich das Zentrum aufzureißen. Das gelang mir letztlich auch ganz gut.

Dank meiner Bemühungen gelang es mir, Springer auf c3 und f4 sowie meinen verbleibenden Läufer auf e3 zu platzieren. Da sich der König noch immer in der Mitte ausruhte und die Dame fernab vom Rest der Welt auf b6 nahe eines Bauern auf c5 verweilte, zeichnete sich eine erste Chance für einen starken Angriff mit einem Springer auf d5 und Träumen auf c7 ab. Auch mit vereinten Kräften auf den verwaisten c5-Bauern zu gehen und zumindest mit einem Mehrbauern ins Endspiel zu ziehen, schien mir dank der bereits nicht mehr vorhandenen b- und d-Bauern bei Schwarz als eine ertragreiche Variante.

...Bis sich dem durstigen Reisenden ein anderes Bild präsentierte.

Ich rechnete an Sequenz beginnend mit Sa4 mit dem Ziel, die Dame auf c7 zu bringen, dort einen Damenabtausch zu forcieren und dann mit bxc6 den letzten Schutz des c5-Bauern – den Springer auf d7 – zu verscheuchen. In meinem Kopf hätte ich einen sehr weit vorgerückten c-Bauer und dazu noch einen mehr als der Gegner!

Mir war an dem Punkt schon alles recht, was meinen Durst nach etwas Greifbarem stillen konnte. Daher ließ ich mich drauf ein... Und verspielte meinen gesamten Vorteil.

Was für einen Fehler hatte ich gemacht? Der Springer könnte sich mit ...Sb6 zum Tausch erbieten, was ich wegen des andernfalls drohenden Bauernverlust auch würde machen müssen. Das fiel mir leider erst im Vollzug auf.

Also wollte ich improvisieren. ...Und stand danach unwiederbringlich auf Verlust. Ich wollte meinen Bauern auf c4 opfern und durch den Angriff auf den Turm des Schwarzen mit Lxc5 den Springertausch verhindern oder dafür zumindest den Turm mitnehmen. Mit einem Springer am Rand beim Gegner, zwei Türmen und einem sehr weit fortgeschrittenen Bauern wähnte ich mich in abstraktem Vorteil.

Außer einem sehr naiven positionellen Verständnis konnte ich damit jedoch nichts beweisen. Der Springer steht, wie sich über die Partie schnell gezeigt hat, auf a4 gut, da er sehr schnell auf c3 kommen und so die einzigen offenen Linien für meine auf der ersten Reihe befindlichen Türme bewachen konnte. Mein Springer auf f4 hingegen konnte sich kaum bewegen, war mithin also bereits faktisch aus dem Spiel. Auch der zusätzliche Bauer war letztlich nur eine Last, derer ich mich im weiteren Verlauf des Spiels schnell entledigen musste.

Es ist fast schon poetisch, dass der bewusst mit den Psychen Spielende letztlich an ebendiesen selber scheiterte. Ärgerlich. Wenn ich einfach meinen ursprünglichen Plan durchgezogen hätte, wäre ich mit einem kleinen, aber doch fühlbaren Vorteil rausgegangen. So viel konnte ich zumindest aus dem kleinen Post-Mortem mit meinem Gegner mitnehmen, der dem nicht viel entgegenzusetzen hatte. Dennoch kann ich sagen, dass die Partie mir nicht nur sehr viel Freude bereitet hat; sie war mir auch eine kleine Lehrstunde im Konvertieren und dem Wert von Geduld. Ein wenig hat Lin auch eine andere Schwäche von mir angedeutet: Meine noch nicht so guten Rechenkünste.

Der Einschüchterungsfaktor von Gambit und Neko-Senpai bedarf auf jeden Fall auch nochmal einer kritischen Evaluation, hat jedoch sehr zu meinem eigenen Spielspaß dank der teils verwirrten, teils amüsierten Blicke gelegentlicher Zuschauer beigetragen. Für den Computer mag es daher eine wenig spannende, vielleicht sogar belächelnswerte Partie gewesen sein; doch für die Menschen, die in ihr involviert waren, hätte sie schöner nicht sein können. Irgendwo liegt im Streben schon eine gewisse Perfektion.

Leider ist mein Ehrgeiz insoweit mindestens genauso unnachgiebig wie die Kälte, die auch meinem Gegner ziemlich zu schaffen gemacht hatte. Trotz meines eigenen Frusts bedankte ich mich für die Partie und zog von dannen auf der Suche nach warmer Obhut.

Mein Wunsch sollte sich erfüllen, wenn auch für mein Gemüt denn meinen frierenden Körper. Im Gang grüßte mich Roman bereits, dessen Partie wohl wieder ähnlich sang- und klanglos verlief wie seine erste diese Saison. Für die ersten zehn Züge spielten beide eine wenig spektakuläre Standardstellung der italienischen Partie aus, bis sich Roman nach einem seiner Erfahrung nach zumindest ungenauen Zug seines Gegners zu Lxf7+ inspiriert sah. Nach Sg5+ wanderte der König wieder nach e8. Da beide e-Bauern schon das Feld verlassen hatten, gab Roman mit Te1+ ein erneutes Schach.

...Kd8. Roman fackelte nicht lang und beendete mit Sf7# eine zu Beginn wegen einer vertrauten Formel vielversprechende, aber plötzlich unspektakuläre Geschichte. Ein klassischer Fall von „We

take those“ aus Mannschafts-Sicht, klar. Roman selbst hatte wegen der Partie und vor allem in Bezug auf seinen Gegner jedoch gemischte Gefühle, da es wirklich kein schöner Sieg ist. Zumindest lässt sich hier – anders als bei seinem Gegner aus Woche 1 – noch ein Kalkül hinter den Zügen erahnen. Letztlich dürfte Romans Gegner derselben naiven positionellen Evaluation erlegen sein, die auch mich diese Woche heimsuchte. Er bewertete eine Stellung nach Dogmen ohne Blick auf die konkreten Drohungen. Mit dem Gedankengang, einfach nur keinen offenen König haben zu wollen, macht die Sequenz durchaus Sinn; die Bewertung hätte nur etwas konkreter an der Situation am Brett erfolgen müssen.

Als Spieler mag so etwas sehr bedauerlich sein, doch aus Sicht des Vereins hätte das nicht besser laufen können.

Relativ bald gesellte sich auch Magnus mit zwei traumhaften Neuigkeiten zu uns. Die Erste: Die Toiletten des Veranstaltungsortes waren tatsächlich beheizt, weshalb es streng genommen einen Rastplatz vor den wenig angenehmen Temperaturen gab... mit ein paar der Natur der Umgebung geschuldeten Abstrichen, versteht sich. Man hängt halt auf ner Toilette rum. Die zweite: Was der Mannschaftsführer nicht vermochte, gelang unserem Kollegen. Ein weiterer Sieg für den FTV und damit eine vorläufige 2-1 Führung!

Leider konnte ich persönlich der Schlacht nicht beiwohnen, daher gehe ich von den Einblicken des Kämpfenden selbst im Folgenden aus. Die Partie ging immerhin bis kurz vor Zug 40, was für die Verhältnisse auf unserem Niveau eine beachtenswerte Menge ist.

Aktuellsten Beobachtungen von der Front nach zu urteilen gab es entgegengesetzte Rochaden, wobei der König des gegnerischen Camps es passend zum Raumklima wegen einer offenen Diagonale nach Rochade inklusive freier c-Linie etwas frischer hatte als Magnus' Monarch. Magnus zögerte nicht, gab ein Schach mit der Dame und konnte so wohl den coolsten aller Bauern seines Gegners ohne Aussicht auf Kompensation seines Gegners gewinnen – den f-Bauern.

Zu der Stress machenden Dame auf dem Königsflügel gesellte sich bald ein Turm von Magnus dazu, der sich die offene c-Linie des Gegners für seine Zwecke zunutze machen konnte. Details liegen über den konkreten Verlauf leider nicht mehr vor, aber der Druck von Magnus' Spiel lässt sich anhand der gegebenen Infos mehr als erahnen. Zug 27 sah den ersten entscheidenden Materialverlust des Gegners. Plötzlich versah er sich eines Läufers weniger! Beseelt von Willenskraft und dem Glauben in menschliches Versagen setzte sein Gegner das Spiel jedoch weiterhin fort.

Wunder kommen jedoch nicht nur selten, sondern kaum umsonst – und das noch weniger auf Anfrage. Zug 38 schlägt ein all-time-Klassiker und Staple von Blitz- und Bullet-Schach ein: Die übersehende Springergabel. Mit einem materiellen Rückstand von neun Punkten ohne nennenswertes Gegenspiel streckte auch dieser Gegner unseres Vereins seine Waffen.

Zwei von vier haben geliefert, ein Dritter sein Soll erfüllt. Alle Augen richteten sich nun auf unsere letzte Protagonistin und zumindest dieswöchigen Schattenregentin unserer Mannschaft. Was zu Beginn noch beiläufige Spaziergänge durch den Raum mit gelegentlich schüchternen Blicken auf Verenas Brett waren, wurde für den Rest der Fünften schnell ein Dauerspektakel. Statt meine Eindrücke chronologisch wiederzugeben, scheint es mir zielführender, durch das Spiel in mir bekannter Form zu führen:

Die Eröffnung begann meinen Eindruck nach als russische Verteidigung, entschied sich jedoch mittendrin zu einem Gang nach Italien um. Solch lange Reisen verlaufen selten ohne Komplikationen, da Verenas Gegner dank eines Fehlers in ein bekanntes Motiv dieser Stellungen reinlief: Das vermeintliche Opfer einer Figur für eine Bauerngabel von Läufer auf c5 und Springer auf e5 durch den Vorstoß d4. Gestärkt von diesem vielversprechenden Anfang ging unsere de facto-Mannschaftsführerin ins Mittelspiel, konnte jedoch ebenfalls keinen konkreten Vorteil für sich herauskristallisieren. Nach einiger Bewegung am Damenflügel und Abtauschen, die wegen sehr viel Rechnerei mit enormen Zeitverlust für Verena einhergehen, fanden sich beide in einem Turm- und Läuferendspiel wieder. Schwarz schien mir trotz gleicher Anzahl von Bauern wegen zweier jedoch rosigere Aussichten an seinem Horizont zu haben. In der Stellung wäre nach meiner bescheidenen Meinung an diesem Punkt für Weiß nicht mehr als Remis zu holen und auch das nur schwer. Am ehesten wäre das wohl noch durch ein Dauerschach zu bewerkstelligen. Der gegnerische König konnte sich jedoch hinter Bauern sicher einmümmeln, weshalb das ziemlich sicher nicht ohne Läuferopfer, falls überhaupt, möglich gewesen wäre. Verena gab dem Freibauern auf der b-Reihe etwas zu viel Luft, während sie mit ihren Türmen noch um Gegenspiel durch Angriffe auf einzelne Bauern von Schwarz rang. Dies führte leider dazu, dass Läufer und Turm letztlich die Transistion des Bauers zur Dame stützten, für die sich letztlich Verenas Turm ins Feuer werfen musste. Unsere Mitstreiterin konnte sich noch in Zug 40 retten, doch war es auf dem Brett bereits zu spät. Mit dem Verlust des Turms kippte das Spiel schnell, weshalb Verena leider verlor.

Es bleibt also bei 2 – 2. Wenn das vermeintlich perfekte Schachspiel in einem Unentschieden endet, warum dann nicht auch der perfekte Mannschaftskampf? Wer mich ein wenig kennt, wird wissen, dass es für mich eigentlich nur zwei Resultate im Schach gibt. Bin ich deswegen in irgendeiner Form unzufrieden mit dem Score? Keineswegs! Selbstverständlich hätte ich lieber gewonnen als verloren; Verena geht es damit sehr sicher ähnlich. Auf der anderen Seite haben jedenfalls wir beide sehr instruktive Partien gespielt, die uns auf unserer Schach-Reise neben wertvollen Lektionen auch eine ganze Menge Spaß bereiten konnten. Jedenfalls für mich kann ich sagen, dass das Spiel taktisch zutiefst interessant für mich war und ich hier noch wertvolle Lektionen im Hinblick auf Druck auf bestimmte Felder erahnen kann!

Haben wir daher alle irgendwo perfekte Spiele gespielt? Für Menschen sicherlich: Roman und Magnus erkannten Fehler ihrer Gegner, während Letzterer die Temperatur zumindest am Brett so hochdrehen konnte, dass der Kollaps von selber kam. Ich konnte eine faszinierende Stellung mit wertvollen positionellen Lektionen für mich ausspielen. Und Verena wird vermutlich beim Blick auf den Übergang zum Mittelspiel und dem Analysieren ihres Endspiels einiges mitnehmen können.

Für Maschinen, ziemlich sicher auch für den ein oder anderen Vertreter unserer Spezies mag unser Schach sicherlich kein schöner Anblick gewesen sein. Doch für die Menschen, die wir trafen und die wir selber sind, haben wir jedenfalls die in der damaligen Situation für uns bestmöglichen Spiele rausgeholt. Was kann man mehr verlangen von Idealen, die wie Schach schließlich von und für Menschen gemacht sind?

...Vielleicht einen Sieg für Neko-Senpai. Aber daran wird fürs nächste Mal gearbeitet. ;)

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag